Wer vertritt eigentlich die Interessen derer, die auf ein Organ warten?

Der Bundesverband Niere (BN) scheint dies nicht zu tun.

 

Am 10.10.2020 fand in Mainz die Bundesdelegiertenversammlung (BDV) des BN statt. Mitglieder des BN sind ca. 170 Selbsthilfvereine von Nierenkranken im weitesten Sinne, keine Einzelpersonen. Der BN sagt von sich selbst, dass er die Interessen aller Patienten vertritt, also auch die der ca. 7.500 auf eine Niere Wartenden. (Satzung des BN)

Wir von der I.G. Niere NRW e.V. hatten drei Anträge zur Abstimmung gestellt:

 

  1. 1. Der BN möge sich zukünftig für die Widerspruchsregelung aussprechen. (hier unser Antrag im Wortlaut)
  2. 2. Der BN möge sich zukünftig für eine Änderung des Transplantationsgesetzes aussprechen, die die sog. Cross-over-Lebendspende ermöglicht. (hier unser Antrag im Wortlaut)
  3. 3. Der BN möge nicht mehr länger behaupten (Seite 3 unten), dass die Krankenhäuser bei Nichterreichung der sog. Mindestmengen für Nierentransplantationen RÜCKWIRKEND für das Jahr der Nichterreichung die Transplantationen nicht bezahlt bekommen. (hier unser Antrag im Wortlaut) 
  4. Inhaltlich teilen wir natürlich die Meinung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN).

 

Die BDV hat alle drei Anträge mit grosser Mehrheit abgelehnt.

 

Wir sind fassungslos und fragen uns, welche und wessen Interessen der BN vertritt, offensichtlich nicht die der Patienten, die auf eine Niere warten. Einerseits ist dies (leider) eine demokratische Entscheidung, andererseits sehen wir uns als I.G. Niere NRW e.V. verpflichtet, diese Beschlüsse inhaltlich abzulehnen und uns davon zu distanzieren. Für uns ist die Interessenvertretung aller Dialysepatienten wichtig, egal ob sie auf eine Niere warten oder nicht. Wir werden weiterhin bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Einführung der Widerspruchsregelung einfordern.

 

Die Ablehnung der sog. Cross-over-Lebendspende durch die BDV ist nicht nur völlig unverständlich und sehr ärgerlich sondern auch peinlich, weil es eine inhaltlich identische Forderung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie vom 24.01.2019 gibt*, die vom Vorstand des BN unterstützt wird. Dass der BN die Cross-over-Lebendspende unterstützt, war uns bis zum 10.10.2020 nicht bekannt und ist auch nicht im Internet auf der Seite des BN zu finden. 

 

Wir hoffen und wünschen uns, dass die am 10.10.2020 neu gewählte Vorsitzende Isabelle Jordans nach ihrer Einarbeitung sowohl eine transparente und offensivere Informationspolitik zu den Mitgliedsverbänden einführt und pflegt wie auch -im Gegensatz zu ihrem Vorgänger- endlich die Interessen der Patienten vertritt, die auf ein Organ warten. Unser erster Eindruck nach ihrer Amtsübernahme am 10.10.2020 nachmittags ist vorsichtig optimistisch. Wir unterstützen selbstverständlich Frau Jordans, wo wir können und geben ihr den verdienten Vertrauensvorschuss.

 

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